Sonntag, 21. August 2011

6.3. Oh, … keine Waren, aber Plan



Aber spielen wir doch gedanklich ein paar Bereiche des praktischen „gesellschaftlichen“ Lebens einfach durch. Wir sollten uns dabei gesondert mit etwas befassen, dessen die ersten Staatssozialisten nur sehr bedingt Herr wurden, dem Einzelhandel. Wer die DDR miterlebt hat, weiß, dass dort bereits Schwarzhandel mit Wartezeiten zum Erwerb eines neuen PKW getrieben wurde, der Preis für gebrauchte teilweise weit über dem für Neuwagen lag (weil er eben den Wartezeitbonus enthielt) und dass außerhalb der Hauptstadt der Erwerb vieler relativ „normaler“ Lebensmittel ein Glücksfall war. Aber erst später.
Wer derlei Verhältnisse mit einer heute produzierten „Brille“ betrachtet, kann aus der realen Praxis den Schluss ziehen, die „Marktwirtschaft“ sei einer „planwirtschaftlichen“ überlegen. Zumindest ist es auf diesem Gebiet nicht so leicht zu widerlegen wie beispielsweise bei der medizinischen Versorgung, wo es mitunter sehr brutale Belege gibt, dass das Streben nach „Maximalprofit“, ja allein schon „Wirtschaftlichkeit“ überhaupt dem eigentlichen Versorgungszweck „Gesundheit“ direkt entgegen steht, das Ziel, höchste Gewinne zu machen, das Ziel, alle Menschen bestmöglich gesund zu machen, ausschließt – und umgekehrt.
Nun muss ich aufpassen: Ich bemerkte bereits am Anfang, dass der entfaltete Kommunismus eine Gesellschaft sein wird, die aus lauter „Ausnahmen“, Sonderfällen usw. bestehen wird, sich also jeder administrativen Pauschalierung entzieht. Das muss dann eigentlich logisch heißen, dass es auch Erscheinungen geben wird, die wie Relikte, aber auch solche, die wie Neuschöpfungen marktähnlicher Regelungen aussehen. Das kann aber nicht heißen, dass ein so grundsätzlicher Bereich wie die Versorgung mit den Dingen, die man zum Leben braucht, vorkommunistisch bleiben kann. Wir müssen nur vorher betrachten, WARUM manches zu DDR-Zeiten nicht funktionierte und nicht funktionieren konnte.
Das erste Problem war wohl ein grundsätzliches Missverständnis vom Wirken des Wertgesetzes. Auch wenn die Propagandisten des Sozialismus den „objektiven“ Charakter dieses Gesetzes theoretisch anerkannten und in Sonntagsreden verkündeten, waren oft dieselben „Theoretiker“ praktisch der Meinung, diese Marktgesetze durch administrative Maßnahmen außer Kraft setzen zu können (sie sogar außer Kraft gesetzt zu HABEN, weil sie – wie falsch – nur im Kapitalismus gelten würden). Nun war das, was in „sozialistischen“ Schaufenstern ausgepreist herumlag, genauso „Ware“ wie das beim bösen Kapitalisten im Land nebenan. Der Preis der einzelnen Ware konnte per Gesetz – eben administrativ – festgesetzt werden, so wie dies politisch wünschenswert zu sein schien. Damit war das grundsätzliche Wertgesetz, also die tendenziell sich reproduzierende Formel, dass die Summe aller Preise der Summe aller Werte entspricht, aber immer noch da. Und die Werte entstehen eben dadurch, dass in jeder Ware eine gesellschaftlich anerkannte Arbeitszeit „eingefangen“ ist. Ist also ein Preis in diesem Sinne niedriger, müssten in der Gesamtgesellschaft andere Waren in gleichem Umfang einen höheren Preis als Wert haben. Nicht im einzelnen Produkt, aber in einer Volkswirtschaft entscheidet dann die Arbeitsproduktivität über die Summe der Preise. Und da müssen sich einzelne Missverhältnisse – eben die gewollten – am Ende wieder ausgleichen. Das ist nicht gelungen. Das konnte nicht gelingen, da das Wertgesetz der Nährboden ist, auf dem Krisen wachsen – prinzipiell auch im Sozialismus, wenn auch dort mit anderen Auswirkungen und Verläufen.

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